Malocchio

Eine zauberhafte Magie oder nur ein Aberglaube?

Il Malocchio, "der Böse Blick" ist eine Definition jemanden durch eine Art negative Energie böswillig Schaden zuzufügen.

Wenn man durch Süditalien fährt, sieht man oft an den Rückspiegeln von Autos, über Eingangstüren oder auch an Ketten und Armbändern diese "Corna" (Hörner)

Der Süden Italiens ist stark von diesem Aberglauben geprägt. Dementsprechend boomt das Geschäft mit magischen Accessoires, überall lassen sich in den Souvenirshops, Straßenständen und anderswo Amulette in Form gekrümmter roter Hörner entdecken, die als Symbol des Lebens den Träger vorm Bösen beschützen soll – solange das Amulett nicht selbst erworben, sondern geschenkt wurde.

Oook...nach dieser kurzen Einführung erzähle ich euch nun, wie diese Rituale bei uns stattgefunden haben. Sowohl meine Oma mütterlicherseits, wie auch meine Mutter waren "Heilerinnen", sprich, sie konnten mit einem Gebet und dem Ritual den Menschen den "malocchio" entfernen.

Das ganze Gebet werde ich euch nicht aufschreiben, denn dieses wird nur an Weihnachten an Familienangehörige weitergegeben. Da meine Großmutter wie auch meine Mutter streng daran glaubten, möchte ich es nicht einfach so weitergeben und diese Traditionen respektieren.

Ecco, ich präsentiere euch einen Teil der Familie Mütterlicherseits.

Seht ihr die aufgebaute Tafel?

Nun denkt euch die Tischdecke, das Essen sowohl die Getränke weg. Nur die Menschen die da sitzen bleiben. Meine Oma war entweder immer schwarz gekleidet oder hatte beim kochen eine Kittelschürze an. Aber bei dem Ritual musste sie schwarz tragen.

So nun zum Ritual. Wir saßen alle an der Tafel, und sie kam aus der Küche, mit einem Beutel Salz, griff hinein und warf ihn uns entgegen, damit uns der "Malocchio" entfernt wird.

Dabei wurde der Spruch aufgesagt "Santu Nicola caccialu fora, Santa Maria cacciulu via." (Heiliger Nikolaus hol es raus, Heilige Maria tu es weg")

Und wehe du hast dabei gelacht weil das Salz dich quasi blind gemacht hat oder du den Mund voller Salz hattest. Da wurde sie "fuchsteufelswild"!

Denn wenn wir lachen, verärgern wir die Heiligen die uns den "Malocchio" entfernen sollen.

Meine Oma hatte eine Nachbarin "la ciacina", mein Vater war davon überzeugt dass sie ihm immer ein "böses Auge" zugeworfen hat. Denn nachdem sie da war, hatte er immer starke Kopfschmerzen.

Meine Oma murmelte immer "bonu ti sta" was so viel wie "Geschieht dir Recht" bedeutet.

Ob meine Großmutter meinen Vater nicht mochte?! Wohl eher weniger :)

Aber wie schaut eine 1:1 Begegnung bzw. Ritual aus?

Die betroffene Person muss vor der "Heilerin" sitzen, welche den "Malocchio" entfernen kann. Diese füllt einen Suppenteller mit Wasser, macht drei Kreuzzeichen auf die Stirn der betroffenen Person und murmelt das Gebet vor sich hin oder sagt es ohne Worte vor sich hin, damit das geheime Gebet nicht aufgenommen werden kann.

Nachdem die Heilerin das Gebet beendet hat, macht sie sich selbst das Kreuzzeichen und macht auch an den Tellerrand das Kreuzzeichen. Während sie noch dreimal das Gebet stumm betet.

Nun werden einige Tropfen Olivenöl in den Suppenteller mit dem Wasser geträufelt und sie beobachtet wie sich das Öl verhält. Wenn sich das Olivenöl ausbreitet, bedeutet es, dass der "malocchio" tatsächlich auf der Person liegt. Wenn sich das Öl nach dem ausbreiten komplett auflöst, ist es ein komplizierter Fall, denn dann liegt der "malocchio" schon länger auf dieser Person und es braucht mehrere Schritte um diese Person von ihrem "Leiden" zu befreien.

Wenn sich das Öl nur leicht ausbreitet bedeutet es, dass es sich erst in den ersten "Phasen" befindet und es leicht zu entfernen ist.

Wenn das Öl oben treibt ohne dass es sich ausbreitet, bedeutet es, dass die Person nicht vom "malocchio" betroffen ist.

Wenn herauskommt dass die Person tatsächlich betroffen ist, muss der Inhalt des Tellers in die Toilette geworfen werden und das Ritual muss so oft wiederholt werden, bis sich das Öl tatsächlich nicht mehr ausbreitet.

Nach dem zweiten Durchgang sollten die "Augen" (Öltropfen) kleiner sein und sich nicht mehr ausbreiten. Wenn sich aber die Tropfen nach dem dritten Durchgang immer noch ausbreiten, müssen die "Ölaugen" mit einer Schere durchgeschnitten werden und am darauffolgenden Tag muss das Ritual wiederholt werden. Auf alle Fälle darf diese Seance unter keinen Umständen unterbrochen werden!

Außerdem kann die Heilerin auch aus den Tropfen herauslesen, ob es eine Frau war die der Person den "malocchio" verpasst hat oder ein Mann.

Wenn der Öltropfen kleinere Kreise daneben hat, war es mit Sicherheit eine Frau. Wenn die Tropfen aber normal geformt sind, war es ein Kerl.

Natürlich wird dieses Ritual von Region zu Region anders abgehalten, dieses Ritual wird bei uns in Kalabrien so zelebriert.

Ich wurde mit diesem "Ritual" aufgezogen, ich bin quasi damit aufgewachsen. Da meine Mutter unerwartet starb, konnte sie keinem von uns diese Magie weitergeben. Was ich persönlich sehr schade finde, denn manche Traditionen sollen in den Familien weiterleben.

Was mir und meinen Cousins bleibt, sind die Erinnerungen an solchen "Familienritualen". Wir waren alle noch relativ klein, aber wir erinnern uns gerne daran.

Bist du Abergläubisch und glaubst an solche Rituale?